Bildung in Waldkindergärten
Der Produzent und Autor Kurt Gerwig geht in seinem Film der Frage nach, ob und wie die seit 2004 gültigen Bildungspläne der Länder im Waldkindergarten umgesetzt werden können. An fünf Beispielen aus fünf verschiedenen Bundesländern zeigt er, dass Waldkindergärten dazu beste Voraussetzungen bieten.
Die Bildungspläne machen den Kindergarten mehr als zuvor zu einer Bildungseinrichtung. Das ihnen zugrunde liegende Bildungsverständnis betrachtet Bildung als ko-konstruktiven Prozess. Das bedeutet, dass Lernprozesse nicht durch bloße Weitervermittlung von Wissen gesteuert werden, sondern Lernen als aktive, kommunikative und kooperative Tätigkeit verstanden wird, an welcher sowohl die Kinder als auch die Erwachsenen beteiligt sind. Im gemeinsamen Tun konstruieren die Lernenden gemeinsamen Sinn und bauen neue Kompetenzen auf. Die Erzieherinnen und Erzieher werden damit zu Ermöglichenden, die die Kompetenzen jedes Kindes erkennen und fördern. Alle 16 Bundesländer haben einen eigenen Bildungsplan, der unterschiedlich weit gefasst ist. In allen Bildungsplänen sind aber folgende Hauptbereiche, die zum Teil unterschiedlich benannt sind, aufgeführt: Bewegung, Spiel, Gestalten und Medien, Sprache(n), Natur und kulturelle Umwelt.
Aufbau und Inhalt des Films
Der Film verfolgt die Frage, wie die oben genannten Bildungsbereiche im Waldkindergarten umgesetzt werden können. Dabei stehen die Bereiche im Vordergrund, die man mit den Konzepten der Waldkindergärten nicht auf den ersten Blick in Verbindung bringen würde. Die Aspekte Bewegung und Natur werden, offensichtlich in Waldkindergärten leicht umsetzbar, nur angerissen. Es kommen im Film nicht nur Erzieherinnen und Erzieher der besuchten Waldkindergärten zu Wort, sondern auch die politischen und wissenschaftlichen Entscheidungsträgerinnen und die Mitentwickler der Bildungspläne aus verschiedenen Bundesländern. Im einführenden Teil werden letztere zum Bildungsverständnis, das den Bildungsplänen zugrunde liegt, befragt. Zudem äußern sie ihre Ansichten darüber, ob sie die Umsetzung der Bildungspläne im Waldkindergarten gewährleistet sehen. Die These, dass die Bildungspläne im Waldkindergarten sogar besonders gut umsetzbar sind, wird durch folgende fünf Beispiele gestützt:
| Hörspielproduktion und Medienkompetenz in einem Waldkindergarten in Schleswig-Holstein |
| Mandalas und ästhetische Bildung in einem Waldkindergarten in Sachsen |
| Bilinguale Bildung in einem Waldkindergarten in Berlin |
| Tandem-Workshop "Mathematik ist überall" in einem Waldkindergarten und in seiner Partnergrundschule in Hessen |
| Methodik und Didaktik in einem Waldkindergarten in Bonn |
Waldkindergärten bieten ideale Voraussetzungen
Hinweis auf Weiterbildungsbedarf
In den Beispielen wird deutlich, dass alle befragten Erzieherinnen und Erzieher die Bildungspläne als gut umsetzbar im Waldkindergarten betrachten, da sie Aspekte als wesentlich benennen, die schon lange Bestandteile ihrer täglichen Arbeit sind. Allerdings wird auch deutlich, dass die Anforderungen an die pädagogischen Fachkräfte und der zeitliche Aufwand steigen. Weiterhin weisen die Beteiligten auf die Notwendigkeit zur stetigen Weiterbildung hin. Jeder der dokumentierten Besuche ermöglicht anregende Einblicke in die Umsetzung der Bildungsbereiche.
Interessante Einblicke in die Projektarbeit
Während beim ersten Projekt gezeigt wird, dass nach entsprechender Fortbildung und mit der nötigen Ausrüstung die gemeinsame Entwicklung eines Hörspiels im Wald sehr gut umsetzbar ist, wird im Beispiel des Mathematik-Workshops deutlich, wie sinnvoll und gewinnbringend die Kooperation mit Schulen und Eltern ist. Die Dokumentation des dritten Projekts, in dem es um Mandalas und die ästhetische Bildung geht, und des vierten Beispiels, bilinguale Bildung, zeigt eindrücklich, dass der Wald zahlreiche Anregungen und Möglichkeiten bietet, diese Aspekte umszusetzen. Dass alle Projekte auf einem sehr starken Engagement der pädagogischen Fachkräfte beruhen, wird im Film ebenfalls spürbar. An diesen vier Projekt-Beispielen wird ersichtlich, dass sie immer mehr als nur einen der Bildungsbereiche umfassen, da diese im ganzheitlichen Erleben und Lernen immer ineinander fließen und nicht scharf voneinander abgrenzbar sind. Im fünften Projekt werden die methodisch-didaktischen Möglichkeiten in Waldkindergärten leider nur sehr kurz angerissen. Hier wäre es wünschenswert gewesen, wenn die Auseinandersetzung mit dem Thema ausführlicher dokumentiert worden wäre.
Für ein neues Ausbildungskonzept
Erzieherinnen und Erzieher von Waldkindergärten, so wird es im Film deutlich, müssen zum Teil noch kreativer bei der Umsetzung der Bildungsbereiche werden als die pädagogischen Fachkräfte anderer Einrichtungen. Am Ende des Films wird darauf verwiesen, dass den Beteiligten der zusätzliche Aufwand an Planung, Reflexion, Dokumentation und Weiterbildung, der durch die Umsetzung der Bildungspläne entsteht, nicht von den Einrichtungen abgegolten wird. Hier ist persönliches Engagement gefragt. Deshalb endet der Film auch mit einem Plädoyer für eine angemessene gesellschaftliche Anerkennung und Bezahlung der Arbeit als Erzieher beziehungsweise Erzieherin - und das nicht nur in Waldkindergärten! Zudem müsse die Ausbildung frühpädagogischer Fachkräfte reformiert werden und sehr viel stärker an die neuen Ansprüche der Bildungspläne angepasst werden. Passend zu diesem Thema gibt es auf der DVD noch ein Diskussionsbeitrag von Detlef Diskowski, dem Referatsleiter für Kindertagesbetreuung im brandenburgischen Bildungsministerium.
Kurzinformationen
Fazit
Der Film bietet zum einen Anregungen für Erzieherinnen und Erzieher aus Regelkindergärten, da sie einen Einblick in die vielfältigen Möglichkeiten der Bildungsarbeit in Wald und Natur erhalten. Zum anderen kann er aber auch Überzeugungsarbeit bei allen Interessierten leisten, die zum Beispiel die Sorge haben, in Waldkindergärten würden nicht alle Bildungsbereiche abgedeckt und somit womöglich eine unzureichende Vorbereitung auf die Grundschule erfolgen. Denn alle Befragten sind sich in einem Punkt einig: Der Waldkindergarten bietet beste Voraussetzungen zur Umsetzung der Bildungspläne und ist ein ideales Erfahrungsfeld für Kindergartenkinder. Empfehlung: Unbedingt anschauen!
Über die Autorin
| Alexa Schiefer ist Dipl. Geographin und Naturerlebnispädagogin. Sie arbeitet seit über drei Jahren für den Querwaldein e.V. in Köln. Als hauptamtliche Mitarbeiterin ist sie täglich mit Kindern aller Alterstufen im Wald unterwegs, darunter mit einer stetig wachsenden Zahl von Kindergruppen zwischen anderthalb und sechs Jahren. |