Es ist an den Eltern, für eine sichere Surfwelt zu sorgen
BIBER-Interview mit der Medienpädagogin Dr. Maya Götz, wissenschaftliche Redakteurin im Internationalen Zentralinstitut für das Jugend- und Bildungsfernsehen (IZI) beim Bayerischen Rundfunk.
BIBER: Frau Götz, oft ist Fernsehkonsum von Kindern für Erziehende negativ besetzt, dann heißt es, Eltern setzen das Fernsehen als Babysitter ein. Wenn Eltern aber mit den Kindern beispielsweise die Sendung mit der Maus gucken, ist das plötzlich gut. Wie finden Familien den richtigen Weg beim Thema Fernsehen und weiteren ergänzenden Medien?
Maya Götz: Grundsätzlich ist das Fernsehen ein faszinierendes Medium. Es ist ein Fenster zur Welt, das uns informiert und schöne Geschichten erzählen kann. Fernsehen schafft oft eine angenehme Situation, wenn man beispielsweise als Familie zusammensitzt und dabei eine Sendung anschaut. Wenn die Fernseh-Zeit für Kinder für Erwachsene negativ besetzt ist, mag das ja auch damit zu tun haben, dass sie selbst wahrnehmen, wie wir manchmal einfach zu viel, zu lange und das Falsche zu gucken. Und genau hier liegen die Probleme im Fernsehkonsum: Es wird einfach zu lange und manchmal auch das Falsche eingeschaltet. Grundsätzlich muss jeder lernen, mit der Faszination Fernsehen umzugehen, dass heißt vor allem auch: Gezielt Auswählen und den Ausschaltknopf finden. Insbesondere im Vorschulbereich ist das ganz wichtig. Denn hier sollten Eltern wirklich nur spezielle Angebote für die Kleinsten aussuchen.
BIBER: Also durchaus darauf achten, dass sie nicht etwa mit älteren Geschwistern einen Film sehen, der für größere Kinder gemacht ist?
Maya Götz: Ja, das meine ich. Ich weiß, es ist im Alltag mit mehreren Kindern nicht immer einfach durchzuhalten, aber man muss sich immer wieder klar machen, dass Vorschulkinder anders sehen, anders wahrnehmen als größere Kinder oder gar Erwachsene. Fernsehgucken im Vorschulalter ist eine emotional sehr anstrengende Handlung. Die Kinder haben eine hohe Sensibilität, sie entwickeln schnell Ängste – manchmal reicht schon ein Ton, wie beispielsweise ein "böser Wind", um die Kinder zu ängstigen.
BIBER: Dürfen Kinder auch mal alleine gucken?
Maya Götz: Im Idealfall schaut ein Elternteil mit. Die körperliche Nähe ist wichtig, Eltern können etwas erklären, können eine Unsicherheit auffangen. Denn Kinder gehen enorm mit. Auch für die Eltern kann das ein richtiger Gewinn sein: eine kleine Ruhezeit und die Chance, gemeinsame Gesprächsthemen und Fantasiewelten zu haben.
BIBER: Noch einmal das Stichwort "TV als Babysitter". Es ist so praktisch, das Kind mal zehn Minuten vor den Fernseher zu setzen und das Abendessen vorzubereiten.
Maya Götz (lacht): Ja, das kommt natürlich im Alltag vor. Wenn es nicht anders geht, geht davon auch nicht die Welt unter. Aber es ist gut, wenn ein Elternteil dann quasi in Rufbereitschaft ist, um auftauchen zu können, wenn das Kind sich ängstigt. Und für das Kind ist es schön, wenn es Vater oder Mutter in der Küche werkeln hört. Was nicht sein darf: Dass die Eltern das Haus verlassen und die Kinder alleine vor dem Fernseher sitzen. Das kommt allerdings öfter vor, als man glaubt. Und, auch das ist interessant, bei Jungen doppelt so häufig wie bei Mädchen. Aber es gibt ja auch noch die Alternative, den Kindern etwas anzubieten, was sie kennen. Zum Beispiel eine DVD – Kinder schauen ja gerne auch mehrfach die gleichen Episoden an.
BIBER: Fernsehen, DVDs, Vernetzung von TV-Angeboten mit Onlineseiten, Spielen und Mediatheken: Wie beurteilen Sie die aktuelle Entwicklung, die ja verstärkt auf eine Verzahnung von Fernsehangeboten und Onlineangeboten, inklusive Spielen, setzt?
Maya Götz: Mediatheken sind eine gute Sache. Medien sollten nicht unseren Alltag diktieren, insofern ist das ein wunderbares Angebot. So kann eine Sendung, zum Beispiel "Kikaninchen" (die neue Vorschulzeit der öffentlich-rechtlichen Sender), die am Morgen läuft, am späteren Nachmittag angeschaut werden – zu einer Zeit, die der Familie besser passt. Und im Unterschied zum Fernsehen können Kinder dann ja Episoden mehrfach anschauen. Wenn der Computer mit ins Spiel kommt, taucht wieder das Stichwort Medienerziehung auf: Eine Fernsehsendung hat ein Ende – am Computer kann man sich grenzenlos tummeln. Dann müssen Eltern dafür sorgen, dass sich das Kind in einer sicheren Surfwelt bewegt. Und natürlich gehört dazu, die Zeit zu begrenzen. Bei uns in der Familie wird ein Wecker neben den Rechner gestellt – wenn der nach zehn Minuten klingelt, wird der Rechner ausgeschaltet.
BIBER: Wenn Kinder eine DVD anschauen oder fernsehen: Muss es eigentlich immer ein Bildungsprogramm sein? Kinder dürfen sich auch einfach mal nur amüsieren, ohne pädagogischen Zeigefinger ...
Maya Götz: Natürlich dürfen sie das. Auch Kinder haben das Recht auf Entspannung – auch später die Schulkinder. Und natürlich hat jeder Mensch unterschiedliche Vorstellungen davon, was ihn amüsiert und entspannt. Im Vorschulbereich haben wir allerdings großartige Möglichkeiten, auf unterhaltsame Weise zu fördern. Mit richtig gut gemachten Sendungen kann man hier eine Menge tun für logisches Denken, kognitive Aktivierung, Koordination und so weiter, und das Ganze macht Kindern auch noch richtig Spaß. Zum Beispiel lustige Sprachspiele, die gerade für Kinder mit Migrationshintergrund eine gute Chance zur Wortschatzerweiterung und Förderung der Aussprache sind.
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