"Eine große Herausforderung"
"Ich war sowas von unvorbereitet und blauäugig", sagt Alexandra Schuster rückblickend. Ihre Tochter Marie (5) wurde im September in Berlin-Kreuzberg eingeschult und die Zeit der Schulentscheidung und des Übergangs hat Alexandra S. als sehr schwierig empfunden.
Von kleiner Kita in unübersichtliche Schule
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"Allein die Umstellung von einer kleinen, behüteten Kita, wo man jedes Gesicht kennt, in eine unüberschaubare Schule mit 500 Kindern", erzählt Alexandra Schuster. In der Kita habe es beim Bringen oder Abholen immer die Möglichkeit gegeben, kurz mit der Erzieherin zu sprechen. Im Schulbetrieb ist das natürlich so nicht möglich. Beschäftigt hat Alexandra Schuster auch die Frage, ob Marie gut genug auf die Schule vorbereitet ist, "denn bisher hat Marie ihre Zeit sehr spielerisch verbracht", erzählt Alexandra Schuster. Sie selbst ist gebürtige Polin und dort auch zur Schule gegangen: "Das letzte Kindergartenjahr ist in Polen sehr verschult, wir wurden intensiv vorbereitet." Dass das bei ihrer Tochter nicht so gewesen sei, verunsichere sie schon etwas. Sie sagt aber auch: "Ich mache mir darüber Gedanken, keine Sorgen." Marie selbst hat sich sehr auf die Schule gefreut, erzählt ihre Mutter: "Und sie war sehr mutig und hatte keine Berührungsängste, vor allem als klar war, dass sie mit ihrem besten Freund in eine Klasse kommt."
Lehrkräfte berücksichtigen Unterschiede
Auch Marion Heldt, die Mutter von Anton (5), der frischer Erstklässler in Berlin-Schöneberg ist, hatte ein "ängstliches Gefühl" mit Blick auf die Schule. Das rührte in ihrem Fall vor allem daher, dass Anton ganz allein, ohne einen Freund eingeschult wurde. "Aber als ich mir klar gemacht habe, dass das in einer Großstadt wie Berlin auf ganz viele Kinder zutrifft, nahm das ab", erzählt sie. Um die neue Lernsituation und das vorschulische Können ihres Sohnes hat sich Marion Heldt kaum Sorgen gemacht: "Ich weiß, dass die Lehrkräfte sehr auf die unterschiedlichen Fähigkeiten der Kinder eingehen."
Eingewöhnung im Schulhort
Eine institutionalisierte Zusammenarbeit zwischen Kindergarten und Grundschule haben die beiden Familien nicht kennengelernt. Alexandra Schuster hat vorab an zwei Grundschulen hospitiert, sich dort also auch den Unterricht angesehen. "Aber das war alles meine Eigeninitiative. Grundsätzlich angeboten oder gar von Kita und Schule gemeinsam veranstaltet wurde das nicht", berichtet sie. Zwei weitere Schulen haben einen solchen Elternbesuch sogar abgelehnt: "Die haben das schlichtweg nicht nötig, weil sie so begehrt sind", vermutet Maries Mutter. Allerdings gab es an Maries Grundschule die Möglichkeit einer Eingewöhnung im Schulhort schon drei Wochen vor Schulbeginn. "Dadurch kannte Marie bereits viele Kinder, bevor die Schule begann, und konnte die Räumlichkeiten erkunden." Das habe vieles leichter gemacht.
Eltern wünschen sich Informationen und Austausch
Eine stärkere Zusammenarbeit und einen Austausch zwischen Kita und Schule würde Maries Mutter sehr begrüßen. In den Berliner Kitas werden beispielsweise so genannte "Sprachlerntagebücher" angelegt, in denen die Erzieherinnen und Erzieher die sprachliche, aber auch persönliche Entwicklung der Kinder dokumentieren. "Aber die Schule hat gar nicht danach gefragt", so die Erfahrung von Alexandra Schuster. In ihrem Falle findet sie das weniger schlimm, "denn Marie ging schon lange vor der Schule in die Kita und wir haben immer wieder Feedback bekommen", sagt sie: "Aber was ist mit den Kindern, die keine Kita besucht haben?"
Zusammenarbeit vor allem an "Brennpunktschulen" wichtig
Auch Anton war bereits vor den Sommerferien für eine "Schnupperwoche" im Schulhort. So konnten die Kinder sich, den Hort und die Erzieher- und Lehrer/innen kennenlernen. "Die Aufteilung auf die Klassen erfolgte anschließend und auf Basis der Beobachtungen aus dieser Schnupperwoche", berichtet Marion Heldt. Nachahmenswert findet sie auch ein Modell aus Potsdam, von dem ihr eine Freundin berichtet hat: Dort hat die Rektorin einer Grundschule alle Eltern der neuen Schulkinder in einem persönlichen Gespräch kennengelernt. Feste Kooperationen sind nach Ansicht von Marion Heldt vor allem an so genannten "Brennpunktschulen" wichtig. Einen Austausch zwischen Kita und Schule über die Kinder sieht sie eher zweischneidig: "Dabei wird eine bestimmte Rolle unter Umständen weitergereicht, aber in einer neuen Struktur kann sich jedes Kind verändern."
Große Herausforderung
Heute, einige Wochen nach Schulbeginn, sind Marie und Anton gut an ihren neuen Lernorten angekommen und gehen beide gerne in die Schule. "Die Einschulung ist eine große Herausforderung für ein Kind und wenn es die meistert, ist das ein enormer Entwicklungsschub. Anton ist über sich hinausgewachsen, er ist wirklich groß geworden", sagt Marion Heldt. Sie ist überzeugt: "Wenn ein Kind gefestigt ist und sich von seinen Eltern unterstützt fühlt, dann klappt das auch – selbst wenn es vorher kaum Aktivitäten zwischen Kita und Schule gibt." Natürlich sei der Übergang auch abhängig von der Mischung in der Klasse "und die stimmt bei Anton eben, die anderen Kinder und Eltern sind nett."
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