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Medienkompetenz statt Medienabstinenz

"Kinder im Blick" - Dieter Baacke Preis Handbuch 4: Der medienpädagogische Preis, der zu Ehren des 1999 verstorbenen Dieter Baacke an herausragende medienpädagogische Projekte der aktiven und kreativen Medienarbeit vergeben wird, setzt auf Medienkompetenz statt Medienabstinenz.

Coverausschnitt: Kinder im Blick - Medienkompetenz statt Medienabstinenz, Dieter Baacke Preis Handbuch 4; © GMK

"Lebenswelten sind Medienwelten" - diese häufig zitierte Feststellung von Dieter Baacke ist angesichts der rasanten Entwicklungen im Bereich der digitalen Medien aktueller denn je. Die von Dieter Baacke bereits 1999 veröffentlichten Erläuterungen zum Medienkompetenzbegriff haben bis heute nichts an Aktualität eingebüßt. Die vier Dimensionen der Medienkompetenz – Medienkritik, Medienkunde, Mediennutzung, Mediengestaltung – füllen den inflationär gebrauchten Begriff mit Inhalt und machen ihn konkret und greifbar. Der Dieter Baacke-Preis zeichnet beispielhafte medienpädagogische Projektarbeit mit Kindern, Jugendlichen und Familien aus und wird gemeinsam vom Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend (BMFSSJ) und der Gesellschaft für Medienpädagogik und Kommunikationskultur (GMK) verliehen.

Der "Königsweg"

Im "Dieter Baacke Preis Handbuch 4" mit dem Titel "Kinder im Blick" beschäftigen sich mehrere Autorinnen und Autoren mit dem Schwerpunktthema "Medienarbeit mit Kindern". Dabei zeigen sie am Beispiel unterschiedlicher Medien, wie aktive und kreative Medienarbeit gelingen kann. Klaus Lutz, Pädagogischer Leiter des Medienzentrums Parabol in Nürnberg sowie Sabine Sonnenschein, Pädagogische Mitarbeiterin im JFC Medienzentrum Köln, bezeichnen die aktive Medienarbeit als den "Königsweg". Während Lutz für die Altersgruppen der fünf- bis siebenjährigen beziehungsweise sieben- bis zehnjährigen Kinder Möglichkeiten medienpädagogischer Arbeit vorstellt, gibt Sabine Sonnenschein anhand einer Musterbiografie einen Überblick über unterschiedliche medienpädagogische Projekte.

Die Bedeutung der "alten" Medien

Jan Schmolling und Stefanie Loos vom Kinder- und Jugendfilmzentrum in Deutschland betonen in ihrem Beitrag die Bedeutung von Fotoprojekten mit Kindern. Angesichts einer von Bildern geprägten Welt darf die Schulung des Sehens nicht vernachlässigt werden. Ähnlich ist der Beitrag zur "Hörkultur in den Zeiten des Internet": Auch hier wird die Relevanz der "alten" Medien hervor gehoben und für eine Kultivierung des Hörens plädiert.

Computerspiele

Auch die "neuen" Medien kommen bei der Darstellung unterschiedlicher medienpädagogischer Ansätze nicht zu kurz: So geht es in weiteren Artikeln um Computerspiele für Kinder und Jugendliche und um das Lernen mit Computerspielen am Beispiel von Serious Games. Weiterhin erfahren die Leserinnen und Leser, wie aus einer Playstation und dem dazu gehörigen Spiel SingStar ein medienpädagogisches Projekt werden kann.

Medienpädagogik in Kindertageseinrichtungen

Trotz der Vielfalt an Möglichkeiten, mit Medien aktiv und kreativ umzugehen, verdeutlicht eine von Ulrike Six vorgestellte Studie, die im Jahr 2006 in NRW durchgeführt wurde, dass sowohl in der Ausbildung von Erzieherinnen und Erziehern wie auch in den Kindertageseinrichtungen medienpädagogische Arbeit vernachlässigt wird (siehe rechte Spalte). Wie positive Ansätze gefördert oder initiiert werden können, zeigt das vom Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) geförderte Projekt BIBER – Bildung–Beratung-Erziehung. Das Netzwerk für frühkindliche Bildung trägt, ebenso wie die Fortbildungsangebote des Fördervereins für Jugend und Sozialarbeit in Berlin, dazu bei, die Medienpädagogik als bedeutsamen Bildungsbereich in der Elementarpädagogik zu verankern.

Kritik an den Kritikern

Trotz zahlreicher überzeugender medienpädagogischer Projekte gerät insbesondere die handlungsorientierte Medienpädagogik, die Kinder nicht von den Medien fern halten will, sondern sie zu aktiven und kritischen Mediennutzerinnen und –nutzern erziehen möchte, ins Schussfeuer der Kritik. Einer der bekanntesten Kritiker ist der Neurowissenschaftler Manfred Spitzer, dessen populistische Thesen es immer wieder schaffen, Schlagzeilen zu machen. Prof. Norbert Neuss, Medienpädagoge und Erziehungswissenschaftler an der Universität Gießen, setzt sich in seinem Beitrag mit den Aussagen Spitzers ausführlich auseinander und leistet so einen wichtigen Beitrag zur Standortbestimmung medienpädagogischer Arbeit.

Merchandising

Wie sehr der Alltag von Kindern mit Medien durchdrungen ist und wie unerlässlich dabei Medienkompetenz ist, zeigt der Artikel von Gudrun Marci-Boehncke zur kindlichen Mediennutzung im Medienverbund. Anschaulich macht sie deutlich, dass Merchandisingartikel ein wesentlicher Bestandteil der kindlichen Lebenswelt sind und dass Medienerziehung letztendlich immer auch Konsumerziehung bedeutet.

Auszeichnungen

Neben den unterschiedlichen theoretischen und praktischen Einblicken in das weite Feld der Medienpädagogik gibt das "Dieter Baacke Preis Handbuch 4" auch einen Überblick über die prämierten Projekte. Ob Zeitzeugeninterviews, "girls_log" oder Filmprojekt mit jungen Flüchtlingen – hier wird noch einmal deutlich, was aktive Medienarbeit bedeutet und was sie zu leisten vermag.

Kurzinformationen

TitelKinder im Blick - Medienkompetenz statt Medienabstinenz. Dieter Baacke Preis Handbuch 4
HerausgeberJürgen Lauffer und Renate Röllecke
mit Beiträgen vonNorbert Neuß, Gudrun Marci-Boehncke, Sabine Sonnenschein, Stefanie Loos/Jan Schmolling, Klaus Lutz, Ulrike Six, Ilka Goetz, Gerhard Seiler, Sonja Ganguin, Arne Busse, Hans-Jürgen Palme, Wolfgang Schill, Renate Röllecke
Erscheinungsjahr2009
gefördert vomBundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend (BMFFSJ)
BestellformularGMK
ISBN978-3-929685-44-2
Preis16,00 € (zuzüglich 1,50 € Vesandkosten)

Fazit

Wer Kinder im Blick hat, kommt heutzutage nicht mehr darum herum, sie im kompetenten Umgang mit Medien zu fördern. Aktive und kreative Medienarbeit trägt wesentlich zur kritisch-reflexiven Mediennutzung bei und ermöglicht den Wechsel von der passiven Nutzung zur aktiven Gestaltung der Medien. Die mit dem Dieter Baacke Preis ausgezeichneten Projekte sind gute Beispiele dafür, wie Kinder und Jugendliche sich mit Hilfe der Medien mit politischen, alltäglichen oder entwicklungsbedingten Themen auseinandersetzen. Die theoretischen und praxisbezogenen Beiträge des Buches, die sich aus unterschiedlichen Perspektiven mit Medienpädagogik beschäftigen, lassen keinen Zweifel daran: Unsere Kinder brauchen Medienkompetenz und zwar so früh wie möglich.

Information zur Autorin

Doris Schalles-Öttl
ist Diplom-Pädagogin und Medienpädagogin. Sie arbeitet als Dozentin für Medienpädagogik an der Katholischen Fachakademie für Sozialpädagogik, München, und ist freiberuflich tätig, unter anderem für Aktion Jugendschutz, Landesarbeitsstelle Bayern e.V.