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Meine Sprache als Chance

Wie erwerben mehrsprachige Kinder Literalität? Und wie können wir sie dabei in der Kita mithilfe von Erzählungen unterstützen? Auf einer fundierten theoretischen Grundlage bietet das Handbuch zur Förderung von Mehrsprachigkeit Ideen und Vorschläge für die Praxis.

Ausschnitt des Buchcovers; (c) Bildungsverlag EINS

Spätestens seit der Pisa-Studie ist die sprachliche Förderung von Kindern aus Zuwandererfamilien in der Kita in den Fokus der gesellschaftlichen Aufmerksamkeit gerückt. So sind auch zahlreiche Studien entstanden, die sich mit dem Spracherwerb von mehrsprachigen Kindern befassen. Neben der deutschen Sprache rückt darin auch zunehmend die Bedeutung der Muttersprache für die Entwicklung der Persönlichkeit der Kinder und auch für die Entwicklung der Zweitsprache Deutsch in den Vordergrund. Selten gelingt die Verzahnung von Theorie und Praxis so gut wie in dem Überblickswerk "Meine Sprache als Chance" von der Lehrerin, Rundfunkjournalistin und Expertin für frühe Sprachförderung Gila Hoppenstedt. Die Autorin zeigt in ihrem neuen Handbuch zur Förderung von Mehrsprachigkeit in einem theoretischen Teil die Gemeinsamkeiten und Unterschiede zwischen Erst- und Zweitspracherwerb auf und gibt dann Anregungen für die praktische Arbeit. Als thematischen Fokus wählt sie dabei den Erwerb von Literalität und das Erzählen als Mittel der Sprachförderung.

Inhalt

Theoretische Grundlagen

Das Handbuch gliedert sich in sieben Kapitel. Die ersten drei Kapitel widmen sich den Themen Spracherwerb, Literalität und Biliteralität aus einer wissenschaftlich-theoretischen Perspektive. Wie hängen Spracherwerb und kognitive Entwicklung zusammen? Welche Schritte durchlaufen Kinder beim Erlernen von Sprachen? Wodurch unterscheidet sich die kommunikative Lehrmethode von der traditionellen Methode des gesteuerten Spracherwerbs? Was ist eigentlich Literacy? Warum ist die literale Frühförderung so wichtig? Und welche Rolle spielt das Elternhaus dabei? Besonders deutlich wird herausgestellt, wie der Erwerb einer zweiten Sprache auf der ersten Sprache aufbauen und somit durchaus anders verlaufen kann als der Erstspracherwerb. In ihren theoretischen Ausführungen vermittelt Hoppenstedt die entsprechenden Grundlagen, aber durchaus hier und da auch spezielle Fachkenntnisse. Insofern eignen sich diese Kapitel zwar für Laien, sie sind aber auch für Leser mit sprachwissenschaftlichen Grundkenntnissen interessant. Auch die Abschnitte zum Thema Elternarbeit sind sehr gelungen, weil sie nicht nur Kriterien für eine gelungene Kooperation mit den Eltern darstellen, sondern auch Verständnis für die Lebensrealitäten in so genannten bildungsfernen Elternhäusern vermitteln.

Literacyförderung in der Praxis

In den Kapiteln vier bis sechs geht es dann konkret darum, wie die Early Literacy durch Erzählen gefördert werden kann. An der Arbeit mit Alltagsgeschichten, literarischen Erzählungen und Kindergeschichten wird gezeigt, welchen Stellenwert das Erzählen in der literalen Frühförderung einnimmt. Illustriert werden die Ausführungen durch Beispielerzählungen. Mit einem Förderkonzept für Literalität und Biliteralität in der Kita werden anhand von Hintergrundinformationen, konkreten Anregungen, Tipps für die Kita-Praxis und Beispielmaterialien alle Fragen rund um die Praxis beantwortet: Welche Fähigkeiten und Kenntnisse brauchen pädagogische Fachkräfte, um sprachliche Bildungsarbeit leisten zu können? Welche Bilderbücher eignen sich für die Spracharbeit in der Kita? Was sollte man beim Vorlesen oder freien Erzählen beachten? Welche Rolle können audiovisuelle Medien oder interaktive Erzählgeschichten am Computer spielen? Und wie wirkt sich das Fernsehen auf die Sprachentwicklung von Kindern aus? Die Ausführungen sind sehr praxisnah und konkret, so dass sie direkt im Kita-Alltag umgesetzt werden können. In einem Exkurs wird schließlich das "Kieler Modell" von Prof. Dr. Ernst Apeltauer als ein gelungenes Beispielprojekt für die sprachliche Frühförderung von Kindern mit Migrationshintergrund vorgestellt, das Ende 2002 konzipiert und 2003 und 2005 erprobt und evaluiert wurde.

Die Umsetzung in der Kita

Den Abschluss des Handbuchs bildet das siebte Kapitel mit seinen Ideen und Vorschlägen für die Umsetzung in der Kita. Hier geht es um organisatorische Aspekte wie Rahmenbedingungen, Materialien und die Kooperation mit den Eltern. Außerdem wird an einer Beispielerzählung sehr anschaulich und praxisnah gezeigt, wie die Planung, Vorbereitung und Umsetzung eines Sprachförderprojektes konkret aussehen kann: Wie kann man die Muttersprachen der Kinder mit einbeziehen? Wie viele Kinder sollten an einer Erzählrunde in der Kita teilnehmen? Welche Räumlichkeiten eignen sich dafür? Welche Materialien sind für das Erzählen und Vorlesen geeignet? Wie kann man sich auf die Reaktionen der Kinder vorbereiten? Wie nähert man sich dem Text mit den Kindern? Und was sollte man schließlich bei der Dokumentation beachten? Abgerundet wird das Handbuch schließlich durch ein umfangreiches Literaturverzeichnis zum Weiterlesen.

Gestaltung

Das Handbuch ist durch verschiedene Überschriften und Zwischenüberschriften sehr übersichtlich und klar strukturiert und eignet sich insofern auch als Nachschlagewerk. Hoppenstedt verwendet zwar teilweise eine etwas holprige Sprache, der Text wird aber durch zahlreiche farblich abgegrenzte Informationsboxen, Listen, Graphiken, Merksätze und Definitionen ergänzt und durch Abbildungen und Fotos illustriert. Passende Zitate von bekannten Persönlichkeiten wie Wilhelm von Humboldt, Walter Benjamin oder Albert Einstein ergänzen und bereichern die Inhalte.

Kurzinformationen

TitelMeine Sprache als Chance - Handbuch zur Förderung von Mehrsprachigkeit
HerausgeberinGila Hoppenstedt
Erscheinungsjahr2010
VerlagBildungsverlag EINS
ISBN978-3-427-10140-6
Preis19,90 €
ZielgruppePädagogische Fachkräfte, die mit Kindern im Alter von 4-7 Jahren arbeiten

Fazit

Das Handbuch eignet sich sowohl für einen Einstieg in das Thema Mehrsprachigkeitsförderung als auch als Nachschlagewerk für alle, die mit dem Thema zu tun haben. Es schafft die Verbindung zwischen den theoretischen Hintergrundinformationen und praktischen Anwendungsmöglichkeiten. Konkrete Vorschläge und Praxisbeispiele bieten die ideale Grundlage für eine nahtlose Umsetzung im Kita-Alltag.

Information zur Autorin

Janna Degener
Janna Degener ist Linguistin. Sie arbeitet als freie Journalistin in Köln.