Pädagogik in Stichwörtern
Mit rund 6.000 Stichwörtern sowie ausführlicheren Überblicksartikeln hat sich das "BELTZ Lexikon Pädagogik" zum Ziel gesetzt, sowohl die Möglichkeit zum schnellen Aufspüren pädagogischer Grundbegriffe als auch zum Vertiefen pädagogischer Zusammenhänge zu bieten.
Die Herausgeber
"Das hat es noch nicht gegeben: Ein derart umfassendes pädagogisches Nachschlagewerk. Unverzichtbar für alle, die in Beruf, Ausbildung und Praxis mit Pädagogik zu tun haben" - so der Klappentext des soeben im BELTZ-Verlag erschienenen 786 Seiten starken "BELTZ Lexikon Pädagogik". Nach Anspruch und Form also ein neues Angebot? Zumindest die Herausgeber Heinz-Elmar Tenorth, Professor für Historische Erziehungswissenschaft an der Humboldt-Universität zu Berlin, und Rudolf Tippelt, Professor für Allgemeine Pädagogik und Bildungsforschung an der Ludwig-Maximilians-Universität München, beanspruchen dies mit der Edition des Lexikons.
Aufbau und Struktur des Lexikons
Expertenwissen ist gefragt
Um diesem Anspruch gerecht zu werden, haben die beiden Herausgeber mit einem Team von vielen so genannten Moderatoren zusammen gearbeitet. Mit Moderatoren sind Expertinnen und Experten gemeint, die ein bestimmtes Thema oder pädagogisches Handlungsfeld bearbeitet haben. Diese verpflichteten wiederum weitere Autoren für die im Themengebiet beziehungsweise Handlungsfeld angesiedelten Lemmata und Beiträge. So haben schlussendlich circa 250 Expertinnen und Experten an insgesamt rund 6.000 Stichwörtern und 65 Überblicksartikeln zu Grundbegriffen der Erziehungswissenschaft, zu Handlungsfeldern pädagogischer Arbeit und zu pädagogischer Theorie gearbeitet.
Zugang zur Forschung durch Überblicksartikel
Insbesondere mit den Überblicksartikeln möchten die beiden Herausgeber den theoretischen Anspruch des Lexikons unterstreichen. So soll es nicht nur zur Stichwortsuche dienen, wie es für ein Lexikon üblich ist, sondern auch den Zugang zur Forschung, ihren Problemen und offenen Fragen eröffnen. Unterstützt wird dies durch eine übersichtliche und leserfreundliche Gestaltung sowie einen Schreibstil, der gehobenen wissenschaftlichen Anforderungen entspricht und gleichzeitig leicht verständlich ist. Illustrationen werden im Lexikon sparsam eingesetzt, was jedoch der Übersichtlichkeit des Buches zugute kommt.
Baustelle: Grundbegriffe der Pädagogik
Ungeachtet des Umfangs ihres Nachschlagewerks sind sich Tenorth/Tippelt dennoch einer Hypothek bewusst: Die Arbeit an den Grundbegriffen der Pädagogik kann bis heute als Baustelle bezeichnet werden. Trotz umfassender Anstrengungen hat sich noch kein Konsens in der Zahl, in der theoretischen oder der systematischen Ordnung der Grundbegriffe der Erziehungswissenschaft herstellen lassen. Dies spiegelt sich auch im "BELTZ-Lexikon Pädagogik". So fragt man sich, wieso die Demokratie- oder die Reggio-Pädagogik nicht als Lemmata aufgenommen wurden. Oder warum einerseits unter dem Stichwort "Afrika" hauptsächlich über dessen Geschichte und Bevölkerungszahl informiert wird, während man weder unter "Entwicklungspolitische Bildung" noch unter "Globales Lernen" fündig wird.
Vorschulischer Bereich vernachlässigt
Betrachtet man den vorschulischen Bereich im Lexikon etwas näher, fällt auf, dass dieser sowohl in den Überblicksartikeln als auch in den Stichwörtern wenig präsent ist. So taucht die Elementarpädagogik in den Expertenartikeln zu den Handlungsfeldern pädagogischer Arbeit erst gar nicht als eigenständiges Feld auf. Auch in den Expertenartikeln zu den Grundbegriffen der Erziehungswissenschaften wird dieses Ungleichgewicht deutlich. Beispielhaft deutlich wird dies anhand des Grundbegriff-Artikels "Kindheit": Dort widmet sich der Autor unter anderem dem Bereich der Kindheitsforschung. Im Zuge dessen hebt er die Sozialisation des Kindes in Familie, Schule, Freizeit und in den Peergroups hervor. Zu all diesen Feldern wird auf weitere Überblicksartikel verwiesen, während der außerfamiliäre vorschulische Bereich außen vor bleibt. Nicht nur in vielen Überblicksartikeln, sondern ebenso in den Stichwörtern setzt sich diese Vernachlässigung leider fort. Begriffe wie Kinderhort, Kinderkrippe, oder Kindertagesstätte, die mittlerweile in aller Munde sind, bleiben in ihrer Beschreibung und Einordnung äußerst knapp. So finden auch die Vielzahl an verschiedenen Kindergartentypen mit ihren unterschiedlichen pädagogischen Ansätzen, wie beispielsweise städtische oder Gemeindekindergärten, Eltern-Kind-Initiativen, Natur- und Waldkindergärten, Waldorf-, Montessori-und Bewegungs-Kindergärten nicht ihren wohlverdienten Platz im Lexikon.
Überblicksartikel Medienpädagogik
Erfreulich ist, dass die Medienpädagogik als ein Handlungsfeld pädagogischer Arbeit in einem Überblicksartikel Beachtung findet. Allerdings kommt in diesem der Begriff der Medienkompetenz, einer der zentralen Begriffe in der Medienpädagogik, viel zu kurz. Auch das Stichwort "Medienkompetenz" setzt sich nicht differenziert genug mit diesem komplexen Thema auseinander. Bewegt man sich auf dem Gebiet der Medienpädagogik im Stichwortverzeichnis etwas zurück und landet im Bereich des Jugendmedienschutzes, so muss man leider feststellen, dass veraltete Angaben vorzufinden sind. So wird hier noch ausdrücklich das JÖSchG ("Gesetz zum Schutz der Jugend in der Öffentlichkeit") hervorgehoben, welches schon seit 2003 unter anderem vom JMStV ("Jugendmedienschutz-Staatsvertrag") abgelöst wurde.
Kurzinformationen
Titel | BELTZ Lexikon Pädagogik |
Herausgeber | Heinz-Elmar Tenorth, Rudolf Tippelt |
Verlag | ~li~BELTZ Verlag~http://www.beltz.de/de/nc/paedagogik/fachbuch/titel/beltz-lexikon-paedagogik.html |
Ausgabe | 1. Auflage Oktober 2007, gebundene Ausgabe |
Umfang | 786 Seiten |
Preis | 98,00 Euro (UVP) |
ISBN | 978-3-407-83155-2 |
Fazit
Das "BELTZ Lexikon Pädagogik" ist ein praktisches Werk für Studium, Ausbildung und Berufsalltag, wenn es darum geht, sich schnell über Begriffe aus der Pädagogik informieren zu wollen. Damit erfüllt das Lexikon seine spezifische Funktion voll und ganz. Wer sich also einen gezielten Überblick über bestimmte pädagogische Fachbegriffe oder Handlungsfelder verschaffen möchte, ist mit diesem umfangreichen Lexikon bestens ausgerüstet. Ob anhand des Lexikons die von den Herausgebern gewünschte Vertiefung, insbesondere im früh- und medienpädagogischen Bereich, erfolgen kann, bleibt allerdings zweifelhaft. Ergo: Als Nachschlagewerk für die Lehrerzimmer eignet sich das umfassende Werk trotz diverser Einschränkungen bestens. Erzieherinnen und Erzieher sollten jedoch prüfen, ob die Anschaffung aufgrund der oben genannten Kritikpunkte sinnvoll ist.
Informationen zur Autorin
| Natascha Riebel ist diplomierte Medienwirtin mit Schwerpunkt Medienpädagogik. Über diesen Link können Sie Kontakt zu Frau Riebel aufnehmen. |