Am Sozialraum orientierte Knotenpunkte
In Mehrgenerationenhäusern und Familienzentren entstehen neue Begegnungs- und Dienstleistungszentren für Familien und Anwohner. Abgestimmt auf das jeweilige soziale Umfeld vernetzen sich Kitas untereinander ebenso wie mit anderen Institutionen und Angeboten.
Moderne Großfamilie
Das Bundesfamilienministerium hat 2006 das bundesweite Aktionsprogramm Mehrgenerationenhäuser ins Leben gerufen. Die dahinterstehende Idee: das Prinzip der Großfamilie in die moderne Gesellschaft zu übertragen und den Zusammenhalt zwischen den Generationen auch außerhalb der Familien zu stärken. Mehrgenerationenhäuser sind Orte, an denen sich Menschen unterschiedlicher Herkunft und unterschiedlicher Lebensalter begegnen, austauschen und unterstützen. Sie fassen Angebote unter einem Dach zusammen, die ursprünglich von Kindergärten, Jugendclubs, Seniorentreffs und vielen anderen Einrichtungen angeboten wurden.
Sieben Handlungsfelder
Ein Aktionsprogramm bietet finanzielle Unterstützung
Inzwischen gibt es bundesweit mehr als 500 dieser Häuser. Mittels eines Aktionsprogramms wird eine Einrichtung in den ersten fünf Jahren mit 40.000 Euro unterstützt, sofern sieben Handlungsfelder berücksichtigt werden: Einbeziehung aller Lebensalter von Kindern bis zu Hochbetagten, generationenübergreifende Angebote, Kinderbetreuung, starke Einbeziehung von Ehrenamtlichen und Zusammenarbeit von Haupt- und Ehrenamtlichen auf gleicher Augenhöhe, Entwicklung als Informations- und Dienstleistungsdrehscheibe vor Ort, Einbeziehung der lokalen Wirtschaft sowie offener Tagestreff mit Cafeteria/Bistro.
Schwerpunkt Kinderbetreuung
Kinderbetreuung spielt im Angebot der Mehrgenerationenhäuser eine herausragende Rolle, weiterhin wird auf generationenübergreifenden Austausch Wert gelegt. Beispielsweise lesen "Vorleseomas und -opas" in den Kitagruppen vor, es gibt gemeinsame Mittagstische oder Seniorinnen und Senioren übernehmen als "Leihgroßeltern" zeitweise die Betreuung von Kindern.
Mehrgenerationenhaus: "Eine Art Gemeindezentrum"
"Innerhalb dieser sieben Handlungsfelder hat jedes Haus seine eigenen Schwerpunkte, die insbesondere auf den Stadtteil abgestimmt sind", erklärt Ursula Werder. Im Mehrgenerationenhaus Frankfurt/Main, das sie leitet, sind das die Förderung von Familien mit Migrationshintergrund und Bildung. Die Angebote der Mehrgenerationenhäuser richten sich an Menschen aller Generationen, sozialen Schichten, Berufsgruppen und kulturellen Zugehörigkeit: "Wir sind eigentlich eine Art Gemeindezentrum und entwickeln Angebote für das, was vor Ort nötig ist", sagt Werder. Manche Mehrgenerationenhäuser sind ganz neu entstanden, aber die meisten haben sich – wie jenes im Frankfurter Gallus-Kiez – aus bestehenden Einrichtungen (Kitas, Familienzentren oder Vereine) weiterentwickelt.
Familienzentrum: Familien im Fokus
Auch Familienzentren sind in Deutschland eine relativ junge Einrichtung. Auch sie sind am jeweiligen Sozialraum orientiert und ihre Profile deshalb unterschiedlich. Grundsätzlich bieten Familienzentren Unterstützung und Aktivitäten für Eltern und Kinder – von Betreuungsmöglichkeiten über Beratung und Bildungsangebote bis zur Freizeitgestaltung. Nordrhein-Westfalen ist das erste Bundesland, das mit dem Landesprogramm "Familienzentrum NRW" seit 2005 flächendeckend Familienzentren aufbaut. "Das Programm schreibt gewisse Basiselemente vor, die in Familienzentren angeboten werden müssen, aber darüber hinaus arbeiten die Einrichtungen sehr unterschiedlich", erklärt Isabel Vela Sanchez, Koordinatorin des Familienzentrums im Brühler Stadtteil Vochem.
Vielfältige Kooperationen
Ausgangspunkt der Familienzentren in NRW sind Kitas, die sich zu familiären Knotenpunkten weiterentwickeln. Hier werden Kinder nicht nur qualifiziert betreut, sondern Familien finden umfassende Beratungs-, Unterstützungs- und Freizeitangebote. Um diese Aufgaben zu erfüllen kooperieren Familienzentren – ebenso wie Mehrgenerationenhäuser – mit externen Einrichtungen und Akteuren. Das können beispielsweise Familienberatungsstellen, Familienbildungsstätten, Kinderärztinnen und -ärzte, Frühförderzentren, Sportvereine oder Schuldnerberatungen sein. Einrichtungen, die in Nordrhein-Westfalen das Gütesiegel "Familienzentrum" tragen, erhalten eine zusätzliche Landesförderung von jeweils 12.000 Euro pro Jahr. Diese Mittel sind für die Koordinierung und das Management oder für den Einkauf von externen Leistungen vorgesehen. Das Gütesiegel wird für vier Jahre verliehen.
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