Begriffsvielfalt institutioneller Kinderbetreuung
Ob Kinderkrippe, Kindergarten, Kindertagesstätte oder Kinderhort - mittlerweile gibt es eine Fülle von Bezeichnungen in der frühkindlichen und schulischen Kinderbetreuungslandschaft. Was verbirgt sich hinter welchem Begriff? Der Artikel klärt Herkunft und Bedeutung der institutionellen Namen.
Rückblick, Momentaufnahme und Ausblick
Kinderbetreuung hat viele Facetten
Sowohl der staatliche Ausbau von Kinderbetreuungseinrichtungen als auch die PISA-Debatte rücken die außerfamiliäre Kinderbetreuung und ihren spezifischen Beitrag zum Bildungserfolg in den Mittelpunkt der öffentlichen Diskussion. Betrachten wir die außerfamiliäre Kinderbetreuung etwas genauer, stellen wir fest, dass darunter nicht mehr nur der klassische Kindergarten zu verstehen ist. Unter sich verändernden wirtschaftlichen, rechtlichen, politischen und sozialen Rahmenbedingungen hat sich eine facettenreiche Kinderbetreuungslandschaft entwickelt. In Deutschland hat die vorschulische Erziehung eine lange Tradition. Daraus folgt beispielsweise, dass viele andere Sprachen den Begriff "Kindergarten" wörtlich übernommen haben.
Historische Wurzeln der frühkindlichen Betreuung
Bereits zu Beginn des 19. Jahrhunderts entstanden im Zuge der Industrialisierung Ansätze einer institutionalisierten Kleinkinderziehung. Die meisten in der Industrie tätigen Frauen arbeiteten in Fabriken und konnten ihre Kinder oftmals nicht selbst betreuen. Um eine "Verwahrlosung" der Arbeiterkinder zu verhindern, wurden so genannte Kinderbewahranstalten gegründet. Eine pädagogische Förderung der Kleinkinder erfolgte in diesen Einrichtungen allerdings kaum. Für die Kinder des Bürgertums wiederum entstanden etwas später Kleinkinderschulen. Im Gegensatz zu den Einrichtungen für die Arbeiterkinder ging es bei diesen Institutionen schon um eine gezielte pädagogische Förderung der Kinder aus bürgerlichem Milieu.
Ausbreitung der öffentlichen Kleinkinderziehung
Reformpädagogik und staatlicher Einfluss
Im Laufe des 19. Jahrhunderts entwickelte sich die öffentliche und institutionelle Kleinkinderziehung zumeist auf Basis des pädagogischen Ansatzes von Friedrich Fröbel. Anfangs waren die Institutionen überwiegend in freier Trägerschaft (insbesondere der Kirchen), jedoch griff der Staat zunehmend in diesen Bereich ein. So entstanden die ersten kommunalen Einrichtungen. Weiterhin setzten reformpädagogische Einrichtungen wie Montessori- und Waldorfkindergärten neue Impulse der Förderung von Kleinkindern.
Zur Person: Friedrich Fröbel
Vor allem Friedrich Fröbel prägte den Gedanken, dass Betreuungseinrichtungen für Kinder eine fördernde Bildungsfunktion aufweisen müssen. Die von ihm seit 1840 gegründeten "Kindergärten" unterschieden sich in jeder Hinsicht von den Kinderbewahranstalten: Das Kind sollte wie in einem behüteten Garten wachsen und dabei dem Alter entsprechend erzogen werden. Die Erziehung in der Familie ergänzten die Erzieherinnen und förderten die Kleinkinder im geistigen, emotionalen, kreativen und sozialen Bereich.
Zeit des Nationalsozialismus
Die Entwicklung der Kindergärten wurde 1933 mit der Machtübernahme der Nationalsozialisten unterbrochen. Die Zuständigkeit für die vorschulische Erziehung wurde eindeutig der Familie, insbesondere der Mutter, zugesprochen. Die vorhandenen Träger versuchte man gleichzuschalten oder löste sie auf. So wurde 1938 der Fröbelverband zur Selbstauflösung gezwungen, Montessori-Kinderhäuser und Waldorfkindergärten wurden geschlossen. Kindergärten unter NSV-Trägerschaft unterbanden die Ansätze einer individualisierten Erziehung und stellten eine Erziehung zum Rassengedanken, zum Führerkult und zum Denken in starren Rollenbildern in den Mittelpunkt der pädagogischen Ausrichtung.
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| Deutschlands Osten und Westen Nach 1945 entwickelten sich die Systeme der vorschulischen Erziehung in der Bundesrepublik Deutschland und in der Deutschen Demokratischen Republik unterschiedlich. |
| Die heutige Vielfalt In Deutschland entwickelt sich zunehmend eine Vielfalt unterschiedlicher Konzepte und Betreuungsformen. |
| Quellen und Literatur Die im Folgenden aufgeführten Quellen und Literaturangaben bieten sich zu einer Vertiefung des Themas an. |
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Informationen zur Autorin
| Natascha Riebel ist diplomierte Medienwirtin mit Schwerpunkt Medienpädagogik. Über diesen Link können Sie Kontakt zu Frau Riebel aufnehmen. |