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"Ohne Musik lernt kein Mensch sprechen"

Musik ist elementar für den Spracherwerb, sagt der Autor, Liedermacher und Dozent Fredrik Vahle, der vor allem durch seine Kinderlieder bekannt ist. Die pädagogische Arbeit mit Sprache, Liedern und Bewegung ist der Schwerpunkt seiner Lehrtätigkeit an der Universität Gießen.

BIBER: Wie wichtig sind Musik, Wortwitz und Reime für den Spracherwerb?

Fredrik Vahle: Musik spielt dabei eine ganz große Rolle. Ohne die frühe "Musik", den Sing-Sang der elterlichen Sprache kommt kein Mensch zur Sprache. Die ersten Kontaktformen und semantischen Relationen laufen über Intonation und Musik. Die allerersten Kinderworte - Mama, Papa, Dada – sind im Prinzip ein Urrhythmus wegen des Gleichklangs der Silben und eine magische Formel, denn das Kind erfährt gleichzeitig die Macht der Sprache, weil die Eltern darauf reagieren.
Wie elementar Musik ist, wird heute oft nicht mehr gesehen. Die meiste Menschen denken, Musik sei etwas Spezielles und Besonderes. Vielleicht auch, weil Musik heute in einer derartigen Vielfalt auftritt.

BIBER: Wie können Erzieherinnen und Erzieher Musik und Lieder in ihre pädagogische Arbeit einbinden?

Fredrik Vahle: Wichtig ist der spielerische Gebrauch von Liedern. Dazu gehören beispielsweise Rituale, also bei bestimmten Gelegenheiten zu singen – beispielsweise ein Tischlied, ein Morgenlied und ein Lied zum Abschluss. Singen und Sprache lernen hat auch viel mit Bewegung zu tun, mit der Aktivierung des ganzen Körpers. Also nicht nur die Hände einbeziehen, das wird ja meist gemacht, sondern unbedingt auch die Füße.

BIBER: Was löst Musik und Rhythmus bei Kindern aus?

Fredrik Vahle: Kinder springen sehr auf Lieder und Reime an und singen eigentlich alle gerne. Eltern sind darüber oft erstaunt – und viele Erwachsene kommen durch ihre Kinder auch wieder zum Singen. Allerdings haben in unserer Zeit Kinder endlose Möglichkeiten, Musik zu konsumieren. Irgendwann verliert dann leider das eigene Singen an Prestige, weil die Stars und Idole das besser können. Pädagogen haben – in meinen Augen - die Aufgabe, das Erleben von Musik wieder interessant zu machen. Damit meine ich aber keine intellektuelle Reflektion über Musik und auch nicht deren Konsum, sondern die Seele die Seele eines Liedes oder eines Instrumentalstückes erfahren und selber musizieren.
Das Problem unserer Kultur ist, dass es ein Überangebot von Allem gibt, auch an Musik. Ich habe mich viel mit anderen Kulturen beschäftigt – vor allem der indischen und chinesischen – dort geht man viel langsamer an Musik heran. Sie kommt eher aus der Stille und man singt in die Stille hinein. In der indischen Musik gibt es auch viel mehr Wiederholungen und man achtet mehr auf den Klang der einzelnen Töne.

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