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"Entwicklungen weiterführen"

Ob der Übergang eines Kindes in die Schule gelingt, hängt auch von seinen Eltern und deren (positiver) Einstellung zur Schule ab, erklärt Prof. Dr. Angelika Speck-Hamdan. Sie lehrt Grundschulpädagogik und –didaktik an der Ludwig-Maximilians-Universität München. "Eltern müssen deshalb informiert und beteiligt sein", betont sie.

Angelika Speck-Hamdan; © privat

BIBER: Ich habe gelesen, die Hälfte aller Kinder habe in der ersten Zeit Probleme in der Schule. Können Sie das bestätigen?

Angelika Speck-Hamdan: Die Zahlen dazu schwanken, die aktuellste, die ich kenne, besagt, dass ein Drittel der Kinder Probleme mit ihrer neuen Rolle haben. Die Frage ist: Liegt das tatsächlich am Übergang oder sind das vielleicht Kinder, die sich grundsätzlich mit Umstellungen schwer tun – beispielsweise auch mit einem Umzug? Es ist ja nicht ungewöhnlich, dass man sich mit Umgewöhnungen schwer tut, das geht auch Erwachsenen so. Die meisten Kinder bewältigen den Übergang in die Schule aber problemlos.

BIBER: Wann kann man von einem gelungenen Übergang sprechen?

Speck-Hamdan: Wenn sich das Kind in seiner neuen Rolle als Schulkind wohl fühlt, Freude daran hat zu lernen und sich weiterzuentwickeln. Ganz entscheidend ist natürlich, dass es sich in der Klasse und von der Lehrerin oder dem Lehrer angenommen und integriert fühlt.

BIBER: Es gibt sicherlich Faktoren, die den Übergang erleichtern.

Speck-Hamdan: Das ist allgemein schwer zu sagen, denn jedes Kind ist unterschiedlich. Hilfreich ist auf jeden Fall, wenn sich das Kind auf die Schule einstellen kann, in dem es vorab beispielsweise einen Schulbesuch gibt und der Schulweg eingeübt wird. Günstig ist auch, mit Freunden eingeschult zu werden und zu wissen, da ist jemand, auf den ich mich verlassen kann. Und grundsätzlich ist natürlich ein gutes Selbstkonzept wichtig, sich sicher und gebunden zu fühlen.

Seitens der Schule und der Lehrkräfte sollten alle Fähigkeiten eines Kindes wertgeschätzt werden. Das ist manchmal problematisch, weil in Kita und Schule teilweise andere Dinge wichtig sind und die Gefahr besteht, dass ein Kind mit Blick auf den bevorstehenden Übergang von den Erwachsenen nur auf seine schulrelevanten Kompetenzen – wie beispielsweise Konzentrationsfähigkeit – reduziert wird. Wir sollten aber auf die Stärken schauen und nicht vorrangig auf die Defizite.

BIBER: Für die Gestaltung des Übergangs sei eine enge Zusammenarbeit von Kita, Schule und Eltern sehr wichtig, heißt es. Nach meiner Erfahrung scheint das aber eher die Ausnahme zu sein.

Speck-Hamdan: Es gibt seit einigen Jahren viele Modellprojekte dazu und alle Bundesländer haben inzwischen Anstrengungen unternommen, die Zusammenarbeit zwischen Kitas und Grundschulen im Zuge des Übergangs zu institutionalisieren, viele haben Kooperationsbeauftragte in Kitas und Schulen eingesetzt. Aber in größeren Städten ist eine intensive Zusammenarbeit oft nicht einfach umzusetzen. Manche Schulen bekommen ja Kinder aus über 20 Kitas und die Kindergärten geben ihre Vorschulkinder an zig verschiedene Schulen ab. Wenn man es da schafft mit zwei bis drei Einrichtungen zu kooperieren, ist das schon gut. Meist stolpert man beim Versuch, sich zu verständigen, schon darüber, dass Lehrkräfte und Erzieherinnen sowie Erzieher ganz unterschiedliche Vorstellungen von Erziehung und Lernen haben. Deshalb ja auch der häufige "Vorwurf", in Kitas werde nur gespielt. Andersrum stehen Erzieherinnen und Erzieher dem schulischen Lern-Begriff skeptisch gegenüber.

BIBER: Man könnte annehmen, es sei sinnvoll, wenn eine Lehrkraft schon viel über die neuen Schulkinder weiß. Andererseits haben manche Eltern ja vielleicht auch Sorge, das könne zu Vorurteilen führen.

Speck-Hamdan: Unabhängig davon gibt es ja auch ein banales rechtliches Problem: Laut Datenschutz darf die Kita gar keine Informationen über die Kinder rausgeben – obwohl im Laufe der Kitazeit teilweise sehr aufwändige Entwicklungsdokumentationen entstehen. Die Lösung kann nur sein, dass sich Eltern, Erzieherin/Erzieher und Lehrkraft zusammensetzen und nur mit Einwilligung und Beteiligung der Eltern über das Kind gesprochen wird, zum Beispiel im Rahmen eines "Übergabegesprächs".

BIBER: Wann sollte die Vorbereitung auf die Schule beginnen?

Speck-Hamdan: Es ist auf jeden Fall nicht möglich zu sagen: "In einem halben Jahr beginnt die Schule, jetzt fördern wir das." Denn viele der Fähigkeiten, die für den Übergang wichtig sind, entwickeln sich schon ab der Geburt, das Selbstbewusstsein zum Beispiel. Es geht also weniger darum, etwas Neues draufzusetzen und wegen des bevorstehenden Schuleintritts ein spezielles Programm zu initiieren, sondern Entwicklungen weiterzuführen. Problematisch ist es allerdings, wenn Kinder starke "Entwicklungslücken" haben, die Schule mit ihren Angeboten also nicht anknüpfen kann. Erzieherinnen und Erzieher müssen dafür sehr aufmerksam sein, sonst wird der Abstand immer größer. Am besten können sie diesen Kindern passende Angebote machen, die in den Kita-Alltag integriert sind, und sie speziell unterstützen, beispielsweise in ihrer sprachlichen Entwicklung.

BIBER: Manche Fachleute vertreten die Meinung, dass vom Übergang in die Schule der weitere Bildungsweg abhängt.

Speck-Hamdan: Das möchte ich so nicht unterschreiben. Der Übergang in die Schule ist sicher bedeutend, doch er beeinflusst nicht unbedingt alle weiteren Übergänge. Zutreffend ist aber, dass die Einstellung zur Schule in hohem Maß in der Grundschule bestimmt wird, und wenn ein Kind in der ersten Klasse kein positives "Leistungsselbstkonzept" aufbauen kann, wird es vermutlich Schwierigkeiten in der Schullaufbahn haben. Aber das ist kein Automatismus und glücklicherweise gehen fast alle Kinder gerne in die Grundschule. Dabei spielen die Eltern und ihre (positive) Einstellung zur Schule eine wichtige Rolle. Sie müssen deshalb beteiligt und informiert sein und mitreden können.

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"Eine große Herausforderung"

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Übergang von der Kita in die Schule