Im Alltag vorleben, wie man gesund isst
Erzieherinnen und Erzieher können Ernährungserziehung auch mit anderen Themen koppeln - mit Geografie, mit Aufmerksamkeitsschulung und Schulung der Feinmotorik, zum Beispiel wenn Äpfel von den Kindern geschnitten werden.
Wünsche wie Pizza oder Pommes
Wünsche der Kinder an die Küche werden im Berliner Kindergarten "BIK e.V." Simplonstraße erfüllt, auch wenn sie der Leiterin Monika Tetzner kurios vorkommen: Pizza und Pommes stehen weit oben auf der Wunschliste. "Diese Wünsche werden bei der Speiseplanzusammenstellung berücksichtigt", sagt Monika Tetzner. "Dann allerdings nicht regelmäßig, vielleicht mal beim Sommerfest - und in jedem Fall in Begleitung von Obst und Gemüse."
Obstfrühstück kann auch aus rohen Möhren bestehen
Dieser Kindergarten hat sich bereits vor zehn Jahren in Absprache mit den Eltern entschlossen, das Frühstück und die Zwischenmahlzeiten auszurichten. "Früher haben die Eltern ihren Kindern etwas mitgegeben - leider ziemlich viele Süßigkeiten", berichtet Monika Tetzner. Die Appelle, statt Schokoriegeln Obst mitzugeben, verhallten ungehört. "Es war auch schwierig den Kindern zu erklären, warum der eine denn schon morgens Schokolade essen durfte und der andere nicht", erinnert sich die Pädagogin. Nun gibt es ein bis zwei Stunden nach dem Frühstück ein Obstfrühstück, das auch aus rohen Möhren bestehen kann.
Kipp-Rad-Pfanne als Sensation
Rohe Möhren gibt es auch im Kindergarten "Kantis Kinder Club" - morgens wie auch zur Zwischenmahlzeit am Nachmittag. "Möhren, Gurken, Paprika und natürlich Obst je nach saisonalem Angebot gehören dazu", berichtet Erzieher Peer Schönfelder. Auch diese Einrichtung reagiert flexibel auf Wünsche der Kinder. "Und vor allem sind Besuche in der Küche für die Kinder interessant", sagt Peer Schönfelder. Ganz besonders die riesige "Kipp-Rad-Pfanne", ein Utensil aus der Gastronomie, beeindruckt die Kinder.
Besuche auf dem Bauernhof
Der Erzieher setzt die Stippvisiten in der Küche gerne ein, damit die Kinder erleben, wie Mahlzeiten zubereitet werden und sie sie nicht nur als anonyme Speisen im Warmhalte-Kübel erleben. "Noch besser ist es, wenn wir beispielsweise einen Bauernhof besuchen, Kartoffeln von dort mitbringen und zubereiten", sagt der Erzieher. "Denn ich habe auch schon erlebt, dass ein Kind meint zu wissen, woher Kartoffeln kommen: Es war der Meinung, die kämen aus dem Discountermarkt."
Interesse und Freude am Essen wecken
Bereits im ersten Ausbildungsjahr hat sich Peer Schönfelder mit dem Themenfeld Ernährung beschäftigt: Für ihn ist es wichtig, dass Eltern sowie Erzieherinnen und Erzieher im Alltag vorleben, wie man gesund isst. Er will Interesse wecken, Freude am Essen und das tut er, indem er die Ernährungserziehung mit vielen anderen Themen im Kita-Alltag koppelt: "Wenn wir zum Beispiel davon sprechen, was in anderen Ländern gerne gegessen sind, sind wir ganz schnell bei der Geografie. Oder wenn ein Apfel geschnitten wird, wird die Feinmotorik geschult. Gleiches gilt übrigens für die Handhabung von Besteck - warum sollte ein vierjähriges Kind nicht mit Messer und Gabel essen?"
Puhlen im Essen ist erlaubt
Ein weiterer wichtiger Aspekt ist das Ausprobieren und Erkunden von Konsistenzen sowie die sinnliche Wahrnehmung: das Riechen, das Schmecken, das Fühlen. Kinder sollen auch mal im Essen puhlen dürfen, sagt der Erzieher. Das bedeutet nicht, dass ihm nicht am respektvollen Umgang mit Lebensmitteln gelegen ist - ganz im Gegenteil: Er regt die Kinder dazu an, wenn sie ein Brötchen essen, dies auf einem Teller abzulegen. "Die Körner oder Krümel können wir beispielsweise den Vögeln hinstreuen", nennt er ein Beispiel aus seinem Alltag.
Lautstärkepegel drosseln
Den gegenseitigen respektvollen und achtsamen Umgang lernen die Kinder auch bei den gemeinsamen Mahlzeiten: Gespräche bei Tisch sind gewollt, allerdings in einer Lautstärke, die es erlaubt, das eigene Wort zu verstehen. "Vor allem beim Frühstück kann es eine harte Angelegenheit sein, den Lautstärkepegel zu drosseln und die Kinder dazu zu bewegen, ruhig sitzen zu bleiben und in Ruhe zu essen", sagt Schönfelder. Für ihn ist dies eine Aufmerksamkeitsschulung der Kinder.
Tischdienst stärkt Ich-Kompetenz
Die Pädagogin und der Pädagoge sind sich einig in der Bedeutung von Tischregeln, zu denen der Tischdienst gehört, das Eindecken des Tisches, der gemeinsame Beginn der Mahlzeit und auch das gemeinsame Ende sowie das Abräumen der Schüsseln und Teller. Das stärkt die Ich-Komptenz der Kinder, die Wahrnehmung von Bekanntem und Unbekanntem. Und Tischmanieren? Kippeln ist nicht erlaubt, rumrennen natürlich auch nicht. Peer Schönefelder lacht: "Knigge muss nicht ran. Und schmatzen ist, würde ich sagen, bei Kindergartenkindern noch erlaubt - Essen hat ja mit Genuss zu tun."
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