Gesteigerte Erwartungen der Gesellschaft
Zunehmende Dokumentations- und Verwaltungsaufgaben, Wünsche nach einer möglichst umfassenden Frühförderung und nicht zu vergessen das Ausgleichen familiärer Defizite durch Zuwendung - vielfältig sind die Anforderungen an Erzieherinnen und Erzieher.
Kitas als sozialer Lernraum und frühkindliche Bildungsstätte
Viele Erzieherinnen und Erzieher empfinden ihre Arbeitsstätte als moderne Service- und Dienstleistungszentren für Familien – und zwar nicht von neun bis zwölf Uhr, sondern von sieben bis 20 Uhr. Kitas sind sozialer Lernraum und Bildungsstätte gleichermaßen. Erzieherinnen und Erzieher müssen die Individualität der Kinder vor dem Hintergrund zunehmender ethnischer und sprachlicher Vielfalt von Familienkonstellationen wahrnehmen und unterstützen. Die Pisa-Studie und der demografische Wandel haben zudem die Erwartungen der Gesellschaft an eine umfassende Frühförderung gesteigert.
Erweitertes Aufgabenfeld setzt unter Druck
Neben dem Bildungsauftrag müssen sich Erzieherinnen und Erzieher darum bemühen, familiäre Defizite durch Zuwendung und Förderung auszugleichen. Zusätzlich gehört zu ihren Aufgaben die Kooperation mit internen und externen Partnern sowie zunehmend Dokumentations- und Verwaltungsaufgaben. Dieses erweiterte Aufgabenfeld setzt viele pädagogische Fachkräfte unter Druck: "Jeder will sagen, wie die Zukunft der Kindergärten aussieht", hat Norbert Hocke von der Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft (GEW) beobachtet, "die Politik, die Eltern, die Medien. Aber sie lassen die Fachkräfte in ihrem Alltag alleine."
Kritik an miserablen Arbeitsbedingungen
Die meisten Erzieherinnen und Erzieher treffen auf Arbeitsbedingungen, die sie als miserabel wahrnehmen. Im Sommer 2009 ging es im Streik der Gewerkschaften GEW und ver.di zwar um bessere Tarifentlohnung, gleichzeitig aber auch um bessere Gesundheitsbedingungen wie Lärmschutz und rückenfreundlicheres Mobiliar. Unabhängig von diesen räumlichen Bedingungen macht den meisten Fachkräften vor allem der ständige Zeit- und Personalmangel zu schaffen. Die meisten Teams arbeiten eingespielt und mit großem persönlichen Engagement – wenn Kolleginnen und Kollegen erkranken, wird alles getan, um den Betrieb reibungslos zu gewährleisten.
Überdurchschnittliche körperliche Belastung
Im Laufe der Berufsjahre kommen Menschen, die in Kitas arbeiten, dann auch an ihre körperlichen Grenzen. Einer GEW-Studie zufolge erfahren 43 Prozent der Erzieherinnen und Erzieher durch körperliche Anstrengung hohe Belastungen – in anderen Berufen ist das nur bei 34 Prozent der Beschäftigten der Fall. Nur 26 Prozent der Erzieherinnen und Erzieher glauben, dass sie gesund das Rentenalter erreichen (gegenüber 54 Prozent in anderen Dienstleistungsberufen), wenn sich an den Arbeitsbedingungen nichts ändert.
Trotzdem eine schöne Arbeit
Dass dem Großteil der Fachkräfte in Kindergärten die tägliche Arbeit trotzdem Spaß macht, lässt sich nicht zuletzt daran festmachen, dass sie sich durch die Beziehungsarbeit mit den Kindern kaum belastet fühlen. Auch den Kontakt zu den Eltern erleben sie als wenig stressig, ergab die GEW-Studie "Wie geht's im Job?" Die Rückmeldungen von den Eltern seien positiv, erzählt etwa Bettina G., die in Köln in einer Elterninitiative arbeitet, und "es ist immer wieder ein schönes Erlebnis zu sehen wie sich die Kinder entwickeln." Kristina M., Erzieherin in einer Kölner Kindertagesstätte in einem sozialem Brennpunkt, berichtet, dass sie vor allem davon zehre: "wenn wir mit den Kindern einen schönen Alltag verleben und durch gemeinsame Erlebnisse ein Austausch stattfindet."
Zufrieden sind die Erzieherinnen und Erzieher, laut GEW-Studie, auch mit der Vielseitigkeit der Arbeit, der Zusammenarbeit und dem Zusammenhalt im Team sowie mit der Möglichkeit, die Arbeit selbständig planen zu können.
Weiterlesen
| "Ungeheuer anstrengend" Erzieherin Kristina M. im Interview: Schlechte Rahmenbedingungen bringen Erzieherinnen und Erzieher an die Grenzen ihrer Belastbarkeit.
|
Zurück