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Ziel 4 - Das Aktivwerden gegen Unrecht und Diskriminierung unterstützen

Die eine Seite trösten, die andere Seite an gemeinsame Werte erinnern: Das Reagieren der Erwachsenen ist wichtig, denn Kinder müssen aktiv gegen Unrecht und Diskriminierung geschützt werden, um sich selbst stark zu fühlen. Ein Beispiel zeigt, wie das aussehen kann.

Stärkung der Kinder

Das vierte Ziel fordert dazu auf, auch über die Wände des Gruppenraumes hinaus aktiv zu werden gegen Einseitigkeiten, Vorurteile und Diskriminierung. Kinder müssen die Erfahrung machen können, dass es sich lohnt, kritisch zu sein und konkrete Aktionen gegen Ungerechtigkeit zu unternehmen. Hier ist die Gefahr groß, dass Standpunkte und Ehrgeiz der Erwachsenen dominieren und man darüber das Ziel der Aktionen aus den Augen verliert: Die Stärkung der Kinder ("empowerment"), indem sie sich als fähig und solidarisch mit anderen erleben, weil sie sich gemeinsam für eine gerechte Sache einsetzen.

Nicht schweigen, sondern ungerechte Handlungen benennen

Unfaire und ungerechte Vorfälle in der Kita sind Anlässe, aktiv zu werden. Das heißt in erster Linie, sie aus der Grauzone des Verschweigens ans Tageslicht zu bringen. Mit dem Öffentlichmachen zeigt man, dass man nicht einverstanden ist und etwas nicht hinnehmen will. Es steht der Neigung entgegen, Missstände eher abzuschwächen, zu rechtfertigen oder zu ignorieren und ist daher ein mutiger Schritt. Hat die ungerechte Handlung erst einmal einen Namen, so kann sie nicht mehr so leicht abgetan werden.

Beide Seiten berücksichtigen

Einerseits trösten - andererseits das Nachdenken über Fairness fördern

Kommt es zu diskriminierenden Äußerungen und Handlungen im Kindergarten, so müssen die Erwachsenen eingreifen. Sie sagen "Stopp" und signalisieren damit, dass sie mit solchen Verhaltensweisen nicht einverstanden sind. Dann wenden sie sich beiden Seiten zu. Die eine Seite braucht Trost, die andere braucht die Erinnerung an gemeinsame Normen und die Zusicherung, weiterhin dazu zu gehören. Das ist wichtig, damit die Kinder für weiteres Nachdenken über Fairness offen sein können.

Reagieren ist wichtig

Erzieherinnen und Erzieher fragen sich in so einem Fall: Was ist geschehen? Was war daran unfair? Spielten stereotype Vorstellungen über bestimmte Gruppen eine Rolle? Oder war es ein Missverständnis? Oder etwas anderes? Das kann man so schnell nicht beurteilen und schon gar nicht, wenn man aufgeregt ist. Besser als eine eilige Reaktion ist dann eine wohlüberlegte, nachdem man sich den Vorgang vergegenwärtigt hat. Wichtig ist, überhaupt zu reagieren und mit der Intervention für Klarheit zu sorgen. Manchmal ist es weniger die Intervention der Erzieherinnen und Erzieher, sondern die längerfristige Beschäftigung mit dem Thema, bei der es viel zu lernen gibt. Es geht um Sachwissen, Moral und Kommunikation. Erleben Kinder hingegen, dass Einseitigkeiten und Diskriminierungen ignoriert und das Sprechen darüber vermieden wird, so können sie nicht lernen, Konflikte und Kontroversen konstruktiv auszutragen.

Kinder brauchen Unterstützung

Ein Kindergarten, in dem Kinder aufgrund eines bestimmten Merkmals ihrer Identität Abwertung und Ausgrenzung erfahren, ohne dass Erwachsene eingreifen und ihnen beistehen, ist kein guter Ort des Aufwachsens. Er ist es weder für die ausgegrenzten Kinder noch für die anderen. Hier zu sein ist für die einen mit einer unmittelbaren Beeinträchtigung ihres Wohlbefindens und damit ihrer Lernmotivation verbunden. Und alle Kinder verstehen: Hier wird man nicht geschützt, von den Erwachsenen ist keine Hilfe zu erwarten. Kinder brauchen aber Hilfe bei Übergriffen, bei verbalen wie körperlichen Aggressionen oder anderen Einschränkungen ihres Wohlbefindens. Es ist falsch, ihre Beschwerden als "Petzen" zurückzuweisen. Ausgrenzung und Diskriminierung sind schwerwiegende Probleme, die Kinder nicht unter sich lösen können.

Praxisbeispiel

"Spielsachen sollen echt sein!"

Die Situation: Kinder einer Kitagruppe untersuchen, ob ihre Spielfiguren so zusammengesetzt sind wie sie selbst. Sie stellen fest, dass das nicht der Fall ist. In Bezug auf Geschlecht sind sie nicht "echt": Es gibt mehr Jungen- und Männerfiguren als Mädchen- und Frauenfiguren. Außerdem haben die auch "mehr Sachen", also Zubehör wie Kleidungsstücke und Waffen. Die Kinder finden es merkwürdig und beschließen, einen Brief an den Spielfigurenhersteller zu schreiben und nachzufragen, warum es so ist. Sie finden es auch nicht richtig und fordern den Hersteller auf, mehr Frauen und Mädchen und mehr Zubehör für sie zu produzieren. Leider ist der Antwortbrief des Herstellers enttäuschend. Die Firma sieht keinerlei Handlungsbedarf, denn das Ganze, so schreibt sie zurück, sei ja wohl eine Frage der Fantasie der Kinder. Die Kinder sind erst recht sauer.

Wie Kinder Fairness und einen Gerechtigkeitssinn entwicklen

Kinder entwickeln ihr Verständnis von Fairness und Gerechtigkeit auch über Erlebnisse und Beobachtungen außerhalb der Kita. Ein Bettler auf der Straße, jemand der betrunken ist, die Frau im Rollstuhl – das provoziert viele Fragen der Kinder. Warum hat der kein Geld? Was, wenn der Betrunkene gar nicht merkt, dass da ein Auto kommt? Wie soll die Frau mit dem Rollstuhl U-Bahn fahren, die Treppe ist ja so hoch? Mit den Antworten und Informationen, die sie bekommen, erweitern sie ihre Wissensbasis. Sie setzen sich selbst in Beziehung dazu, stellen Vergleiche an, entdecken Widersprüche und entrüsten sich: Manche Leute haben zwei Häuser und der Obdachlose hat keins! In diesem Film gibt es nur Jungen, keine Mädchen! Saliha kommt nicht mit zum Rummel, weil ihre Eltern kein Geld haben. Die Jugendlichen auf dem Spielplatz lassen die Kleinen nicht spielen und ärgern sie.

Die Rolle der pädagogischen Fachkraft

Kinder entrüsten sich über konkrete Fälle von Ungerechtigkeit, die sie gut verstehen und wenn sie sich in die Beteiligten gut hineinversetzen können. Dann entsteht bei ihnen der Wunsch, etwas zu tun, um die Ungerechtigkeit zu beenden. Ihre Ideen sind ebenfalls konkrete, kleine, direkte Schritte, die aus Erwachsenensicht vielleicht nicht viel bewirken: Für den Bettler etwas Taschengeld einsammeln, die Frau im Rollstuhl schieben, damit sie sich ausruhen kann. Es ist wichtig, sie bei diesen Vorhaben zu unterstützen und nicht durch die Vermittlung einer überkomplexen Weltsicht zu bremsen.

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"Es ist normal, dass wir verschieden sind."
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