StartInformieren
  
 
 
 
 

Sprachförderung mit der Language Route

Spracherwerb durch Interaktion ist das Ziel der Language Route. Damit Erzieherinnen und Erzieher Alltagssituationen in Kindergärten gezielt für Sprachförderhandlungen nutzen können, bietet die Language Route ein methodisch-didaktisches Konzept.

Sprachförderung im Kindergarten

Nach den teils erschreckenden Ergebnissen von Studien und Untersuchungen wie PISA oder Delfin 4 wird die Forderung nach geeigneten Sprachfördermaßnahmen in Kindertageseinrichtungen unüberhörbar. Benötigt wird ein Sprachförderprogramm, welches sich ohne hohe zusätzliche Kosten oder erhöhten Zeitaufwand in den Kindergartenalltag integrieren lässt. Gibt es ein solches alltagstaugliches Konzept zur Sprachförderung?

Großer Erfolg in den Niederlanden

Im September 2007 fand ein Konzept zur Sprachförderung seinen Weg nach Deutschland, das den Ansprüchen des Kita-Alltags gerecht werden könnte: "Language Route". Das Konzept wurde in den Niederlanden von der Zentrale für Sprachbildung und einer Arbeitsgruppe führender Psycholinguisten und –linguistinnen aus Utrecht im Auftrag des Niederländischen Ministeriums für Bildung, Kultur und Wissenschaft entwickelt. Seit 2002 wird es in mehr als 6000 Einrichtungen in den Niederlanden erfolgreich angewandt. Schon jetzt ist Language Route Bestandteil der dortigen Ausbildung für Erzieherinnen und Erzieher.

Alltagssituationen nutzen!

"Spracherwerb durch Interaktion" ist die grundlegende These des Konzeptes. Im Mittelpunkt steht dabei das Ziel, Alltagssituationen in Kindergärten kreativ zu Sprachförderhandlungen umzuformen. Einen Schwerpunkt bildet die "interaktive" Bilderbuchbetrachtung, in der den Kindern die Geschichten im wahrsten Sinne des Wortes "begreifbar" und "erlebbar" präsentiert werden können. Gezielte Fragen regen die Kinder dabei zum Sprechen an, beispielsweise Vermutungsfragen oder Inhaltsfragen:

•

"Was glaubst Du passiert als nächstes?"

•

"Was würdest Du jetzt machen?"

•

"Warum hat er das gemacht?"

•

"Wer hat das gesagt?"

Ein Erzähltisch läßt Geschichten lebendig werden

Auf diese Weise kann ein so genannter "Erzähltisch" (mitunter hat sich eine "Erzählkiste" als praktikabler erwiesen) erarbeitet werden. Auf diesem werden Gegenstände gesammelt, die in der ausgewählten Geschichte eine Rolle spielen, zum Beispiel aus dem "Froschkönig" ein Frosch, eine Krone, eine goldene Kugel und so weiter. Die Kinder können diese Gegenstände während des Vorlesens heraussuchen oder auch die Geschichte damit nachspielen. Hier erwächst aus einem einfachen Bilderbuch für die Kinder eine begreifbare Welt. Der Erzähltisch bleibt über einen längeren Zeitraum (zwei bis drei Wochen) stehen und kann von den Kindern um ausgewählte Gegenstände oder auch Bilder fortlaufend erweitert werden. So wird ein klar definierter Wortschatz spielerisch aufgebaut und erweitert. Denn erst ein ausreichender Wortschatz ermöglicht den Erwerb einer Grammatik. Nebenbei werden Fähigkeiten wie "zuhören", "erzählen" und "beobachten" gefördert.

Erweiterte Chancen für Kinder mit Migrationshintergrund

Insbesondere mehrsprachig aufwachsende Kinder profitieren von der Sprachförderung. Mit vorbereitenden Kleingruppensitzungen im Language Route-Konzept können sich mehrsprachige Kinder ein kleines "Vorsprung-Wissen" gegenüber dem Rest der Gruppe aufbauen. Dies wirkt sich vorteilhaft auf ihren Wortschatz und ihr Selbstvertrauen aus. Es ist zu beobachten, dass sich die Kinder, wenn sie sich selbstständig beispielsweise am Büchertisch oder an der Erzählkiste beschäftigen, meist auf Deutsch unterhalten, selbst dann, wenn alle beteiligten Kinder eine andere Muttersprache haben. Der (deutsche) Wortschatz entwickelt sich in den behandelten Bereichen signifikant weiter und führt somit im weiteren Verlauf auch zu günstigeren Bedingungen für den Grammatik-Erwerb.

"Ich bin Max"

Aufbauend auf das Konzept Language Route hat der PROLOG Verlag das so genannte "Ich bin Max"-Material entwickelt. In acht liebevoll gestalteten Bilderbüchern werden Themen behandelt, die nach dem hier vorgestellten Konzept bearbeitet werden können. Zu jedem Bilderbuch gibt es eine Handreichung mit möglichen Spiel- und Übungsvorschlägen für Erzieherinnen und Erzieher. Das ist praktisch, aber nicht unbedingt notwendig, denn der vorhandene Bücherfundus in den Kindergärten ist meist eine persönliche "Schatztruhe", die mit der Language Route zu neuem Leben erwachen kann.

Fazit

Das Konzept der Language Route bettet Sprachförderung in den Kindergartenalltag ein und wird damit zum Thema für alle Kinder in der Gruppe. Neben der konkreten Umsetzung des Konzepts in Kleingruppen mit Kindern mit Sprachförderbedarf werden für die Erzieherinnen und Erzieher Möglichkeiten geschaffen, das erarbeitete Sprachwissen in die gesamte Gruppe zu übertragen und so Wiederholungen zu ermöglichen und den Gebrauch des neuen Wissens in den Kindergartenalltag zu integrieren. Die Ideen des "interaktiven Vorlesens" und des "Erzähltisches" stellen darüber hinaus auch unabhängig vom Thema Sprachförderung eine Bereicherung für jeden Kindergarten dar.

Weiterlesen

>

Praxisbeispiel "Die kleine Raupe Nimmersatt"
Lesen Sie, wie das Buch "Die kleine Raupe Nimmersatt" innerhalb des Language Route Konzepts eingesetzt werden kann.

>

Fortbildungsreihe
Bundesweite Fortbildungen bringen Erzieherinnen und Erzieher das Konzept der Language Route näher.

Information zur Autorin

Janina Scholz
ist Diplom Sprachtherapeutin und freiberuflich tätig in eigener Praxis. Sie arbeitet als Supervisorin/Coach und Dozentin unter anderem für das Mundwerk.